OMICRON Magazin

Magazin | Ausgabe 1 2022 Abbildung 3: Spannungsverläufe im UW-Altenfeld; Einschaltversuch Trafo 411 und Folgeereignisse. erhebliche Vorteile gegenüber einer reinen Simulation hat und daher unbedingt erforderlich ist. Zweitens zeigte sich nach dem Einschalten des unbelasteten 380-/110-kV-Transformators eine weitere Besonderheit: Aufgrund des starken Spannungseinbruchs nach Einschalten des TransformatorLeistungsschalters wechselte das Erregersystem des Pumpspeicherwerkes Goldisthal in den Fault-RideThrough-Modus (FRT-Modus). Damit soll bei einem Netzfehler die Spannung durch den Generator gestützt werden. Während die Sollwertvorgabe des Erregersystems weiterhin bei 18 kV Generatornennspannung lag, brach die Spannung an der Generatorklemme – bedingt durch die Zuschaltung der Transformatorinduktivität – massiv ein. Zur Spannungsstützung lieferte das Erregersystem Blindleistung in das leerlaufende Inselnetz. Etwa 6 Sekunden nach dem Einschalten des Transformators ist aus den Kurvenverläufen in Abbildung 3 ein Wechsel der Betriebsart des Erregersystems zu erkennen. In der Folge stieg die Spannung weiter an, was zu Überspannungen von mehr als 420 kV an den Knotenpunkten im Versuchsnetz und schließlich zur schutzbedingten Ausschaltung der 380-kV-Leitung Pulgar–Vieselbach führte. In einem letzten Schritt wurde das durch den Eigenbedarf des KW Lippendorf belastete Inselnetz mit dem europäischen Verbundnetz synchronisiert. Hierfür wurde der Drehzahl- bzw. Frequenzsollwert am Turbinenregler des Pumpspeicherwerks auf 50,06 Hz angepasst. 100 58 108 208 258 158 150 200 300 250 350 400 450 11:00:30 11:00:40 11:00:50 11:01:00 11:01:10 11:01:20 11:01:30 Trafo 411 ein Auslösung Leitung 859 ULL [kV] ULE [kV] L1-E L2-E L3-E Wechsel Betriebsart Erregersystem Somit lief das Hochfahrnetz asynchron zum europäischen Verbundnetz und die Synchronisiereinrichtung – das Parallelschaltgerät im Umspannwerk Vieselbach – konnte aktiviert werden. Nach der erfolgreichen Synchronisierung wurde die Regelungsart des Turbinenreglers im Pumpspeicherwerk von drehzahlgeführter auf leistungsgeführte Regelung umgeschaltet. Zusammenfassung und Ausblick Der Netzwiederaufbau mit einem Hochfahrnetz im Gebiet des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz wurde erfolgreich erprobt. Dabei wurde ein vorbereiteter Netzteil, der mehrere Leitungen und Umspannwerke umfasste, binnen Minuten auf Nennspannung hochgefahren. Im Ernstfall bedeutet dies einen signifikanten Zeitvorteil gegenüber Netzaufbauvarianten mit sukzessiver Zuschaltung und Auflastung. Ein weiterer vergleichbarer Betriebsversuch ist mit dem Pumpspeicherkraftwerk Markersbach geplant. Ziel bei derartigen Versuchen ist es, möglichst weite Teile des Netzes zur Besicherung der Eigenbedarfsstruktur von Kraftwerken unter Spannung zu setzen. Auch das Zusammenschalten mehrerer unabhängig voneinander aufgebauter Hochfahrnetze an ausgewählten Orten im Netz ist Bestandteil dieses Konzepts. Im Zuge der Veränderung der Erzeugerlandschaft durch die Energiewende wird dem Netzwiederaufbau mit Erzeugern aus erneuerbaren Energien eine Schlüsselrolle zukommen. 33

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