Prüfung des Zustands von Leistungsschaltern

26. August 2020

Einführung in die gängigsten Leistungsschaltermessungen

Im folgenden Interview werden die wichtigsten Themen im Zusammenhang mit der Prüfung von Leistungsschaltern besprochen. Siegfried Bernhauser hat mit Ari Tirroniemi, einem der Experten für Leistungsschalter bei OMICRON, über die gängigsten Messungen und die für eine umfassende Bewertung des Zustands von Leistungsschaltern benötigten Hilfsmittel gesprochen. Dabei wird insbesondere auf die Bewegungsablaufs- und Kontaktmessung eingegangen.

Ari Tirroniemi hat an der Universität Linköping in Schweden Angewandte Physik und Elektrotechnik studiert und arbeitet seit mehr als 15 Jahren bei OMICRON. Seit 2012 gehören Leistungsschalter zu seinen Themenschwerpunkten. Derzeit ist er als Application Engineer für Leistungsschalter tätig. Ari Tirroniemi ist Mitglied der Cigré-Arbeitsgruppe A3.46 „Generator Circuit-Breakers: Review of application requirements, practices, in-service experience and future trends“.

SIEGFRIED: Es gibt verschiedene Prüfungen zur Bewertung des Zustands von Leistungsschaltern. Kannst Du uns bitte einige nennen?
ARI:
Ja, natürlich. Es gibt tatsächlich eine Vielzahl von Prüfungen. Ich würde diese in drei Gruppen einteilen: elektromechanische Prüfungen, elektrische Prüfungen und Sichtprüfungen.
Sichtprüfungen dienen dazu, sichtbare Schäden, Korrosion und Gas-, Luft- oder Hydrauliklecks festzustellen oder z. B. mit Wärmebildkameras zu ermitteln, ob die Verbindungen oder die Hauptkontakteinheit irgendwelche von der Norm abweichende Anzeichen von Wärme zeigen, was bedeuten würde, dass die Verbindungen/Kontakte abgenutzt sind. Solche Prüfungen werden ungefähr einmal pro Jahr durchgeführt.
Elektrische Prüfungen zählen zu den klassischen Prüfungen an Leistungsschaltern. Zu ihnen gehören z. B. Schaltzeitenmessungen, Prüfungen des statischen und dynamischen Kontaktwiderstands, Analysen des Spulen- und Motorstroms und auch minimale Anregeprüfungen. Bei den elektromechanischen Prüfungen wäre neben der Prüfung von Hydraulik- oder Gasdruck bzw. Vibration während des Betriebs vor allem die Bewegungsablaufs-/Kontaktmessung zu nennen.
Sowohl die elektrischen als auch die elektromechanischen Prüfungen werden in der Regel alle 10 bis 15 Jahre durchgeführt. Manchmal finden sie aber auch häufiger statt, vor allem dann, wenn der Leistungsschalter wegen eines Fehlers ausgelöst hat oder bei der Sichtprüfung etwas Auffälliges gefunden wurde.

SIEGFRIED: Welche Prüfungen werden am häufigsten durchgeführt und welche würdest du empfehlen?
ARI: Ich denke, die am häufigsten durchgeführten Prüfungen sind:

  • die Prüfung des statischen und dynamischen Kontaktwiderstands,
  • die Schaltzeitenprüfung,
  • die Analyse von Spulen- und Motorstrom und
  • die Bewegungsmessung.
  •  

Persönlich würde ich die Prüfung des dynamischen Kontaktwiderstands zusammen mit einer Bewegungsmessung empfehlen.

SIEGFRIED: Kannst du bitte kurz erläutern, was hinter diesen Prüfungen steckt?
ARI:
Selbstverständlich. Mit der Prüfung des statischen Kontaktwiderstands wird der Status des Hauptkontakts geprüft, also ob er in der Lage ist, den Nennstrom ohne große Verluste zu transportieren.
Bei der Prüfung des dynamischen Kontaktwiderstands wird der Kontaktwiderstand während der Betätigung des Leistungsschalters aufgezeichnet. Die Daten liefern Anhaltspunkte zu Verschleißerscheinungen an den Haupt- und Abbrandkontakten. Dies ist die einzige Möglichkeit, an Informationen über den Abbrandkontakt zu gelangen, ohne die Unterbrecherkammer zu öffnen.
Die Schaltzeitenmessung dient dazu, den sicheren und zuverlässigen Betrieb eines Leistungsschalters zu kontrollieren. Zu diesem Zweck werden die Schaltzeiten und deren Synchronizität pro Phase und zwischen den Phasen bewertet. Für die Analyse des Spulenstroms wird dessen Signatur während des Betriebs des Leistungsschalters aufgezeichnet. Abweichungen können auf elektrische oder mechanische Defekte an Ein- und Ausschaltspulenelementen hindeuten.
Bei der Analyse des Motorstroms wird der Strom aufgezeichnet, den der Motor braucht, um die Feder zu spannen bzw. um den Hydraulik- bzw. Luftdruck zu erhöhen. Genau wie die Analyse des Spulenstroms dient auch die Analyse des Motorstroms dazu, mögliche Abweichungen in den elektrischen oder mechanischen Komponenten des Motors zu erkennen.
Zweck der Bewegungsmessung ist es, die Leistungsfähigkeit des Mechanismus insgesamt zu prüfen und Defekte in der kinematischen Kette, wie z. B. einen verklemmten Mechanismus oder schlechte mechanische Dämpfer, zu erkennen.
Alle diese Messungen zusammen bieten daher einen guten Überblick über den Zustand des Leistungsschalters. Das Tolle an CIBANO 500 ist, dass diese Prüfungen ohne eine Neuverkabelung durchgeführt werden können, während der Leistungsschalter beidseitig geerdet ist, was die Sicherheit der Prüfer erheblich erhöht.

SIEGFRIED: Du empfiehlst die Bewegungsmessung. Warum sollte diese Messung durchgeführt werden?
ARI:
Wie schon gesagt, kann damit die Leistungsfähigkeit der kinematischen Kette des Leistungsschalters, welche für sein Funktionieren natürlich sehr wichtig ist, insgesamt überprüft werden. So kann etwa ein verklemmter Mechanismus als Ursache für verlangsamte Schalthandlungen entdeckt werden oder auch schlechte mechanische Dämpfer, die das Verhalten des Leistungsschalters beeinträchtigen und sogar zu dessen Versagen führen können.
Darüber hinaus erhält man Informationen über den Gesamtweg, das Überschwingen, die Rückfederung und die Geschwindigkeit. Anhand des Ergebnisses der Prüfung des dynamischen Kontaktwiderstands können Sie auch die Länge des Abbrandkontakts berechnen, um zum Beispiel dessen Abnutzung zu ermitteln.

SIEGFRIED: Ist die Bewegungsmessung kompliziert?
ARI:
Nein, eigentlich nicht. Natürlich brauchen Sie etwas mehr Zeit und einen Spezialadapter für die Befestigung eines Bewegungssensors auf dem zu prüfenden Leistungsschalter. OMICRON erweitert ständig seine Palette an Adaptern, damit unsere Kunden ein möglichst breites Spektrum an Leistungsschaltertypen prüfen können.
Ein großer Vorteil von CIBANO 500 ist, dass wir die Geräte mit digitalen Sensoren liefern. Diese Sensoren müssen vor dem Messen nicht kalibriert werden und dank ihrer Codierung erkennt das CIBANO 500-System sie automatisch, sodass es die richtige Auflösung und Einspeisespannung für sie konfigurieren kann.

SIEGFRIED: Die Hauptkontakte sind in den Unterbrecherkammern untergebracht. Wie lässt sich deren Weg messen?
ARI:
Das ist richtig. In den meisten Fällen ist es nicht möglich, direkt an die mit dem Hauptkontakt verbundene Stange heranzukommen, und man muss für die Bewegungsmessung einen anderen Zugangspunkt finden. Die Zugangspunkte hängen vom Typ des Leistungsschalters ab. In den meisten Fällen befindet sich der beste Zugangspunkt am Ende einer Antriebswelle oder an der Getriebewelle an der Unterseite der Pole, sodass ein Drehgeber benötigt wird, um die Bewegung zu messen.
Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, den Sensor zu befestigen, würde ich empfehlen, beim Hersteller nachzufragen, da dieser den Kontaktweg bereits gemessen hat. So lassen sich die eigenen Messergebnisse mit den werkseitig gemessenen vergleichen. Anschließend sucht man einen Ort für die Befestigung des Sensors in der Nähe des Hauptkontakts, damit die gemessene Bewegung so linear wie möglich ist.

SIEGFRIED: Wenn man eine Rotationsbewegung misst und der Hauptkontakt sich in linearer Richtung bewegt, wie kommt man dann von einer Rotations- zu einer linearen Bewegung?
ARI: Man muss die Rotationsbewegung in eine lineare Bewegung umwandeln. Mit CIBANO 500 hat man dafür zwei Möglichkeiten: Wenn der Drehgeber und der Hauptkontakt nur auf einer Ebene mechanisch gekoppelt sind, liefert ein linearer Umrechnungsfaktor ein hinreichend genaues Ergebnis. Mit diesem Faktor lässt sich der gemessene Grad-Wert in einen Millimeter-Wert umrechnen. Wenn es mehrere Hebel gibt, empfehle ich die Verwendung einer Umrechnungstabelle, um das nichtlineare Verhalten mit größerer Genauigkeit bestimmen zu können.

SIEGFRIED: Kann ich mir beim Befestigen dieser Sensoren an meinem konkreten Leistungsschalter helfen lassen?
ARI:
Wir haben für unsere CIBANO 500-Kunden verschiedene Videos erstellt, die für einige gängige Leistungsschaltertypen Schritt für Schritt zeigen, wie der Bewegungssensor befestigt wird.

SIEGFRIED: Vielen Dank für all diese Informationen.

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